Adrian Frutiger zählt zu den wichtigsten Schriftgestaltern des 20. Jahrhunderts. Seine Ausbildung begann 1944 mit einer Schriftsetzerlehre bei der Otto Schlaefli AG in Interlaken und setzte sich 1949 mit einer dreijährigen Weiterbildung zum Typo-Grafiker bei Walter Käch und Alfred Willimann an der Kunstgewerbeschule Zürich fort. Seine Diplomarbeit über die Entwicklung der europäischen Schriften (Schrift, Écriture, Lettering) weckte das Interesse von Charles Peignot, der ihn 1952 nach Paris in die Schriftgiesserei Deberny & Peignot holte. Hier entwarf Frutiger bis 1960 mehrere Druckschriften, von denen die Méridien und die Univers die ersten sowohl für den Blei- wie für den Fotosatz (Lumitype) konzipierten Werksatzschriften waren. Die Univers ging als erste planmässig aufgebaute Schriftfamilie in die Geschichte der Drucktypen ein und besiegelte Frutigers weltweiten Ruhm. Im Lauf seiner Karriere war Frutiger, der 1961 sein eigenes Atelier in Paris gründete, in viele satztechnische Neuerungen involviert. So zeichnete er klassische Schriften für die Lumitype um, entwickelte von 1963 bis 1973 die Normschrift OCR-B und beriet Firmen wie IBM und Linotype bei der Entwicklung neuer Satzverfahren. In den 1970er-Jahren widmete er sich vermehrt Projekten der Signaletik, so etwa der Beschriftung der Pariser Métro (1973) oder derjenigen des Pariser Flughafens Roissy CDG. Aus der Flughafenschrift Roissy CDG (1970–1972), die sich in vielen internationalen Airports etablierte, entstand 1974 die erfolgreiche Druckschrift Frutiger, welche in der Schweiz zuerst für die Beschriftung der Postautos, dann für das Erscheinungsbild der PTT und später für jenes der Post eingesetzt wurde. Frutigers wesentliche Druckschriften sind die Méridien, Univers, Frutiger, Égyptienne F, Serifa, Versailles, Centennial, Avenir und die Vectora. Er entwarf auch zahlreiche Signete und Wortmarken. Sein Schriftwissen vermittelte er an der École Estienne (1952–1960), an der École nationale supérieure des arts décoratifs (1954–1968), in seinem Atelier und in seinen Publikationen. Für sein Lebenswerk bekam der 1992 in seine Heimat Zurückgekehrte zahlreiche internationale Ehrungen. Sein privates Archiv befindet sich in der Grafiksammlung des Museum für Gestaltung Zürich. (Barbara Junod)